Tante Mali



Es war einer dieser Tage im Juni, an dem kein Gartenmensch fertig zu werden scheint. Hier gibt es Verblühtes abzuschneiden, dort wartet eine Ecke aufs Jäten, die Rasenkanten haben sich ausgefranst, die Buchsbaumkugeln sind etwas aus der Fasson gewachsen, Stützhilfen für den Rittersporn hat auch noch niemand angebracht, im Gemüsegarten sitzen trotzig ein paar Aufgaben, die erledigt werden wollen, da hat auch noch niemand Stroh unter die Erdbeerpflanzen getan und vor Johannis, so sagt man, sollte dann auch noch die Brennnesseljauche angesetzt worden sein. Dabei gibt es so viel zu sehen, zu betrachten, zu bewundern: Die Rosen, der Mohn, der Fingerhut. Die Meisen, die Kleiber, der Specht. Die kleinen Birnen mit ihren dicken Bäuchen und dem Rüschenrock. Überall im Garten liegt Arbeitsgerät verstreut und ich, ich kämpfe unter der Hecke mit dem Giersch wie Clint Eastwood als Dirty Harry gegen das Böse und ein Showdown ist noch lange nicht in Sicht. Da klopft es plötzlich von innerhalb meines Kopfes an meine Stirn und ich sage: 
 „Ja bitte“, und es steht ein leichtes Fragezeichen am Ende.
Dann höre ich eine Stimme, die durchaus eine angenehme Stimme ist, und die sagt:
„Hallo, ich bin Tante Mali. Möchtest du mit mir Kirschen klauen?“
Und ich geh‘ rückwärts, auf allen Vieren, aus der Hecke heraus und setzt mich erst einmal nieder, weil etwas mit meinem Kreislauf nicht stimmt. Meine Knie sind voll Erde und meine Schienbeine auch. Mit der linken Hand halte ich noch ein paar Gierschrhizome fest.
„Na, was ist?“ Fragt die Stimme, die in meinem Kopf sitzt nach und ich sage:
„Ja, warum nicht.“
Das war der Tag, an dem ich zu Tante Mali kam.
Seither ist sie ein häufiger Gast. Sie weiß kluge Dinge. Merke, sagt sie zum Beispiel, Gegen Erdflöhe hilft ein Aufguss aus Wermutkraut.  Aber was sie vor allem tut, sie unterminiert mein Gestaltungskonzept. Sie setzt Hornveilchen, Ringelblumen und Mutterkraut, versteckt Tulpenzwiebeln an Orte, wo sie zu 100 Prozent dem frühherbstlichen Umgestaltungsdrang zum Opfer fallen, pflanzt einen roten Klatschmohn mitten in das Morgensterngras … eine weitere Aufzählung würde den Rahmen sprengen und die Geduld der Leserschaft arg strapazieren.
Nur eines noch:  Jetzt will sie einen eigenen Blog. 

Kommentare

  1. Schmunzeln musste ich bei Deiner schönen Geschichte, liebe Elisabeth und die Tante Mali hat Recht mit dem, was sie sagt.
    Dein herrliches Maifoto lässt mein Herz höher schlagen und meine Gedanken seufzen -hach- wäre es doch schon so weit...

    Herzlich Willkommen in den unendlichen Weiten des WWW und ich trage mich gleich bei Dir als Deine neue Leserin ein.

    Liebe Abendgrüße zu Dir von Traudi Gartendrossel

    meine Blogs
    Kreatives aus dem Drosselgarten
    Geheimer Garten

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  2. Sehr hübscher Blog - und toll geschrieben. Bin schon gespannt wie es weiter geht...Tante Mali scheint nett zu sein ;o)

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  3. Liebe Elisabeth, oder sage ich lieber doch Tante Mali ; )) Ich finde dein Blog so richtig klasse, deine Fotos ich bin einfach sprachlos, deine Fotos sind so richtig traumhaft schön. Ich bin froh, das ich dein Blog kennen gelernt habe, und werde in Zukunft zur deine einer deiner treuen Leser auch bleiben: ))

    ganz lieben Gruß, Julia

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  4. meine Güte wie wundervoll
    so umfangreich und wunderschön gefüllt dein Blog, ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll
    .. also fang ich jetzt mal damit an
    ich grüß dich lieb!
    Sophie

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  5. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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