Senegal und die Nachbarschaft der guten Geister

Während ich hier sitze und schreibe, fallen die Strahlen einer tiefen Wintersonne in den Raum und malen warme Muster an die Wand. Ein Satz setzt sich neben mich auf den Stuhl, es ist ein Sprichwort aus dem Senegal: Menschen sind des Menschen Medizin. Dort, wo er entstanden ist, wird er nicht auf eine Hülle ohne Inhalt reduziert. Er wohnt in den Häusern und Hütten, tummelt sich auf Märkten, schaukelt auf bunten Holzbooten, mäandert durch die Mangrovenwälder und begleitet uns von Dakar bis an die Grenze Mauretaniens im Norden und über den rosaroten See hinaus, weit hinunter in die Casamance. 
Doch beginnen wir dort, wo wir begonnen haben. Auf einer kleinen Insel im Atlantik namens Gorée. Gorée, der "sichere Hafen", gebaut aus alten Steinen, bewohnt von alten Geistern, eingeschlagen in die Falten der Vergangenheit. Es ist eine düstere Vergangenheit, denn von hier aus wurden Sklaven nach Europa und Nordamerika verschifft. Die "Pforte ohne Wiederkehr" führt auch heute noch auf den Atlantik hinaus. 


Gorée ist Weltkulturerbe und Künstlerort, Kinder spielen Fußball, notfalls auch unter der Wäscheleine hindurch, Bougainvillea um Bougainvillea rankt sich an Häuserfassaden hoch und wer Glück hat, trifft auf Leo, den zahmen Pelikan. 


Sind es die Pelikane, die die guten Seelen über das Wasser tragen oder sind es die Flamingos, die Reiher, Löffler, Eisvögel, die stolzen Fischadler, Milane und Falken? Im Senegal sind Sagen, Mythen und Legenden im gleichen Maß beheimatet, wie es Vogelarten sind. Im Norden wie im Süden erzählen sich die Menschen Geschichten von Toten, die auf Wanderschaft gegangen sind, im Norden wie im Süden gleiten unzählbare Vögel über den Himmel und bunt bemalte Pirogen fahren durch ein Stück Welt, das scheinbar nur aus Wasser, Mangrovenwäldern und Lotusblumen besteht.  


Dort, wo die Idylle endet, beginnt Saint Louis. Die ehemalige Perle der französischen Kolonialzeit offenbart auf wenigen Quadratkilometern, dass wo Licht scheint, immer auch Schatten zu finden ist. 
Kommerzieller Fischfang bedroht die Existenz der Fischer und ein durch den Klimawandel mürrisch gewordener Atlantik zerstört ihre Häuser. Ein trauriger Anblick, doch wie so oft in Afrika, haben neben dem Leid auch hier die Liebe, das Leben, das Lachen, Singen und Tanzen Platz.  
Sie nennen uns Baumwollköpfe und Kaffeemenschen und ölige Menschen
Sie nennen uns Menschen des Todes.
Doch wir sind Menschen des Tanzes, deren Füße nur Kraft gewinnen, wenn sie den harten Boden klopfen. 
Das schrieb Léopold Sédar Senghor - Senegalesischer Dichter, Philosoph und Staatspräsident. Und wie so oft auf meinen Reisen ziehe ich den Hut vor den Menschen, die ihr Leben mit Kraft und Würde annehmen, wie es ist.  
Eines meiner Lieblingsmotive ist in Saint Louis entstanden. Noch einmal war es ein zahmer Pelikan, der mitten in der Betriebsamkeit seine neugierigen Runden zog. 


Realität und Märchenbuch. Der See trägt den Namen seiner Farbe: Lac Rose - und wenn das Wetter günstig ist, kräuselt sich sein rosarotes Wasser leicht im Wind. Er ist salzig wie das tote Meer und Senegals Schatzkammer für das weiße Gold. 


Dann der Süden, die Casamance. Dort wo Senegal an Guinea Bissau grenzt, dort wo Mangrovenwälder komplizierte Muster in die Landschaft malen, ist man der Linie zwischen dem Sichtbaren und Unsichtbaren näher als andernorts. Wie fast überall in Afrika leben auch die Senegalesen mit ihren Geistern, mit ihren Ahnen und mit den Ritualen, die damit verbunden sind. Tänze, Gesänge, Opfer, Magie. Geheimnisse, die gehütet werden, Zauberei, die praktiziert wird, Fetische an Häusern und unter Bäumen. Das Grab der Musiker ist nach wie vor der  Baobab. 
Ich mag diese Zwischenräume. Ich mag sie, weil sie für mich kleine Alltagsfluchten sind, weil sie Antworten erahnen lassen, auf Fragen, die ich mir aus Feigheit nicht stelle, und natürlich mag ich sie auch, weil ich sie an- und ausziehen kann, wie es mir gefällt. Ich kann sie mitnehmen in meine Träume. Sie beginnen dann, wenn sich am Abend die Sonne ins Meer legt, um mit den Fischen zu spielen. Dann wird der Himmel über Afrika immer zuerst ganz blass um dem darauffolgenden Farbenspiel seinen Auftritt zu geben. Gelb, orange, feuerrot, dunkelviolett ... und dann erst kommt die Nacht. 




Wir haben es uns diesmal wirklich sehr, sehr angenehm gemacht, und waren mit einem Fahrer unterwegs. Ich möchte hier eine ehrlich gemeinte Empfehlung für den Mann aussprechen, der uns notfalls auch durch den gesamten Senegal getragen hätte. Sein Name ist Jacques Ndour und ihr findet ein paar weitere Informationen auf seiner Homepage. Ich habe keine Aktien bei ihm, ich bekomme keine Gegenleistung dafür, meine Schwester und ich waren "nur" so überzeugt von dem was und wie er es macht, dass ich ihm hier eine kleine Plattform geben möchte und noch einmal einen großen Dank. 

Danke auch euch ihr Lieben und Wunderbaren, dass ihr mich ein Stück weit begleitet habt. Reisen ist ein wundervolles Geschenk und Reisen teilen zu dürfen macht das Geschenk noch um eine Dimension reicher.
Lasst euch drücken und herzen, lasst euch liebe Wünsche mit auf den Weg geben und fühlt euch fest umarmt. Mögen euch eure guten Geister dieses Jahr beschützen 
Tante Mali

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Kommentare

  1. Was für ein tolles Land, was für tolle Einblicke. Danke fürs Mitnehmen. Wir reisen auch für unser Leben gern. Nächstes Jahr erkundigen wir Island und sind schon eifrig beim Planen und Reiseführer-Schmöckern :-) Hab einen schönen Tag.

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  2. Liebe Elisabeth,
    was für eine schöne Reise mit farbenprächtigen Eindrücken! Ich glaube, man ist sehr gut beraten, sich einem gutem Guide anzuvertrauen.
    Liebe Grüße
    Karen

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  3. Liebe Elisabeth,
    vielen lieben Dank für diese wundervollen Einblicke! Ich wünsche Dir und Deinen Lieben ein wundervolles, gesundes und vor allen Dingen glückliches neues Jahr! Bei mir hat sich in den letzten Monaten fast alles verändert :-), deswegen ist es auch still um meinen Blog geworden. Ich hoffe, wir bleiben trotzdem in Kontakt.... Liebe Grüße Anja

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  4. Liebe Elisabeth
    Die Bilder und deine Worte lassen einem träumen. Danke fürs Mitnehmen auf diese tolle Reise.
    Liebe Grüsse
    Paula

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  5. Liebe Elisabeth, wunderschön zum Ansehen und deine Texte dazu.
    Ja das Reisen bereichert jeden Menschen, ich habe zwar diesen Kontinent noch nie bereist, aber viel von der Welt gesehen und dafür bin ich schon sehr dankbar.
    Vielen Dank für diesen schönen Bericht.
    L.G.Edith

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  6. Liebe Elisabeth,
    herzlichen Dank für diesen wunderbaren Post, in Bildern und Worten!
    Ich wünsche Dir ein frohes, glückliches, kreatives und vor allem gesundes Neues Jahr, einen zauberhaften Tag und einen guten Start in ein wunderschönes Wochenende!
    ♥ Allerliebste Grüße und sei ganz lieb umärmelt, Deine Claudia ♥

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  7. Hallo Elisabeth,
    wunderschöne Bilder und tolle Eindrücke.
    Ich hoffe du bist gut ins neue Jahr gekommen, und wünsche dir für 2019 alles erdenklich Gute.
    Dir ein schönes Wochenende.
    Liebe Grüße von Petra.

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  8. Liebe Malielisabeth,
    das ist so ein wunderschöner Text, so richtig zum Eintauchen in diese Welt, die so anders ist als unsere und der ich mich doch so verbunden fühle. Und auch die Bilder, die Buntheit, die Einfachheit, dieses afrikanische Funken-Sprühen. Ich war zwar an anderen Orten in Afrika, doch die Menschen leben ähnlich - du hast es ja selbst geschrieben "mit ihren Geistern, mit ihren Ahnen und mit den Ritualen"... Sollten wir jemals ins Senegal kommen, fragen wir nach Jacques Ndour und nach Leo, dem zahmen Pelikan!
    Liebste Drücker, Traude
    https://rostrose.blogspot.com/2019/01/rund-um-weihnachten-und-das-neue-jahr.html

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  9. Liebe Elisabeth, vielen Dank für diesen schönen Bericht! Wir lieben Afrika - aber im Senegal waren wir noch nie. Vielleicht würden wir es mit Deinem Guide wagen.
    Afrika hat so viel Lebendigkeit, so viel Kraft wie ich es sonst nirgends gefunden habe. Deshalb zieht es mich immer wieder hin.
    Danke noch mal für diesen Reisebericht, der meine Sehnsucht nach Afrika weckt.
    Liebe Grüße Renate

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  10. "Menschen sind des Menschen Medizin" - über diesen Satz werde ich nun nachdenken müssen. Denn er widerspricht allem was ich meist fühle, tue und denke. Nun ja, er widerspricht unserem - nein meinem Leben hier so ganz und gar - nicht der leeren Hülle, die wir oft sind und nicht dem was wir vorgeben zu sein, aber unserem - nein meinem - Innersten zumeist.
    Wie du weißt, war ich noch nie in Afrika - aber immer wenn ich hier bei dir darüber lese und die Bilder sehe, wächst mir dieser Kontinent ein bisschen mehr ans Herz. Ich fürchte mich ein wenig davor - wahrscheinlich auch genau wegem dem, was du schreibst: Wegen der Antworten auf die Fragen, dich ich zu feige bin mir zu stellen ...
    Danke dir, Elisabeth!

    Hilda


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  11. Wow !! Beautiful photos from your fantastic trip !!
    Have a Happy New Year !!

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  12. I didn't realise pelicans made such colourful portraits. I usually see the silhouette far away or flying overhead.

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  13. beeindruckend und unglaublich seelenvoll hast du liebe Elisabeth über ein Land geschrieben das deinem herzen so nah ist, man fühlt es in jedem Wort und im Gleichklang dessen was du aussprichst spricht auch die Journalistin aus und in Dir, du verstehst es ein Land und die Menschen darin zu beschreiben, ja geradezu zu besingen dass es uns, deine Leser mitreißt, mitnimmt und wir sehen was du siehst, fühlen was du fühlst wenn du durch Straßen und Landschaften ziehst. eine wundervolle Gabe es so wiederzugeben.
    ich danke dir sehr dafür liebe Elisabeth denn du ermöhglichst es uns es mit deinen Augen zu sehen.
    dir ein wundervolles Jahr, ebensolche beeindruckende Reisen wie du sie in Afrika hattest Gesundheit und Lebensglück.
    herzliche Grüße angelface

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  14. Liebe Elisabeth, Die enfalls ein glückliches neues Jahr.
    Danke für diese wundervolle Reise. Du hast mich mit Deinen Worten und Bildern wirklich berührt. es klingt oben schon an. Das Zitat über die Medizin des Menschen lässt innehalten und stutzen und man bekommt ihn nicht so schnell aus dem Kopf. Ich werde ihn einsinken lassen und schauen was er mit mir macht. Habe vielen Dank dafür. Liebe Grüße, Pia

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  15. Hallo du Liebe - noch ein kleiner Nachtrag:
    es hat ein bisserl gedauert, aber jetzt ist mein Post, in dem ich u.a. das gewonnene Licht-System genauer vorstelle, endlich online. Danke nochmal für die tolle Verlosung! Ich hoffe, ihr hattet einen angenehmen Jahreswechsel und seid gut im Neunzehnerjahr angekommen!
    Alles Liebe von der Traude
    https://rostrose.blogspot.com/2019/01/schwarz-wei-licht-dunkel-kalt-hei.html

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  16. Ciao Elisabeth,
    Buon Anno,
    grazie per averci fatto vedere questi meravigliosi posti, stando sedute :-)
    è proprio vero quello che si dice quando visiti questo paese, ti rimane nel cuore...
    " il mal d'Africa "
    un abbraccio ... Carmen
    ps. a presto

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